Leben wie Gott in Frankreich

Eine Reise zum europäischen Kundalini Yoga Festival 2024

Der Ausdruck „Leben wie Gott in Frankreich“ geht auf Zeiten zurück, in denen Frankreich als Synonym für Luxus, Wohlstand und genussvolles Leben galt. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit waren Klöster und kirchliche Einrichtungen in Frankreich für ihren Reichtum, Komfort und ihre Fülle an guten Speisen und Getränken bekannt. Heute beschreibt dieser Ausdruck ein Leben in unbeschwertem Genuss und Überfluss.
Diese Worte kamen mir in den Sinn, als ich mich zusammen mit meiner Freundin Taj Inderprem auf den Weg zum Château de Jambville, nahe Paris, machte – dem Austragungsort des Europäischen Kundalini Yoga Festivals 2024

Das Château de Jambville, eine historische Ausbildungsstätte der französischen Pfadfinder*innen, beeindruckte uns sofort mit seiner adligen Kulisse. Dieses Schloss, das auf den Fundamenten einer mittelalterlichen Burg errichtet wurde, besticht mit seinem weitläufigen Garten, altem Waldbestand, offenen Blicken, einer Orangerie und einer Kapelle. Ein wahrlich erhabener Ort für ein spirituelles Festival.

Work-Exchange

Im Rahmen unseres Work-Exchange-Einsatzes meldeten Taj Inderprem und ich uns für den Aufbau und die Durchführung der Registrierung der 950 Teilnehmer*innen. Unsere Aufgaben umfassten den Aufbau des Orga-Offices im Schloss und eines Zelts am Eingangstor, die Einrichtung und Nutzung der App für die Registrierung, das Konfektionieren der Festival-Armbänder und die Abstimmung mit dem Security-Team. Zwei lebhafte Tage der Vorbereitung, an denen wir zusammen mit anderen fleißigen Mitgliedern des Orga-Teams erste Kontakte knüpften, bekocht wurden und uns schon frühmorgens im Stretch-Zelt zum gemeinsamen Sadhana trafen. Die Vielfalt der gesprochenen Sprachen – insgesamt 16! – und die herzliche, spontane Art der Menschen verliehen dem Festival bereits in den ersten Stunden einen besonderen Zauber.
Mit dem Wetter hatten wir Glück, sodass wir unser geräumiges Zelt im Wald aufschlagen und uns gemütlich niederlassen konnten – unser Zuhause für die kommenden zehn Tage.

Das Schloss und das Gelände erkundeten wir als erstes. Wo gab es kalte und warme Duschen, wo die Toiletten? Während wir das Terrain abgingen, baute die Küchencrew ihre Pavillons auf und bereitete die Küche vor. Überall arbeiteten fleißige Helfer, die das Big Top (das größte Zelt), die Zelte für den Basar, die Gurdwara und die Erste-Hilfe-Station aufbauten. Die Wegweiser wurden aufgestellt, die Zelte für das Red- und Blue-Tent, das Kids- und Teens-Camp errichtet, und das Langar-Field wurde ausgewiesen. Es war inspirierend zu sehen, wie das Festivalgelände lebendig wurde.

Am Freitag begann die Registrierung der ersten Anreisenden, darunter Aussteller des Basars sowie Lehrer und Ausbilder aus der ganzen Welt. Die First-Aid-Crew traf ein, und Gurubani kümmerte sich um die Unterbringung der Gäste, ob im Zelt, im Schloss oder in einem der Gebäude auf dem Gelände.

Während des Festivals sind alle Teilnehmer*innen dazu angehalten, einen sogenannten Seva-Dienst zu leisten – eine Selbstverständlichkeit für uns Kundalini Yogis.

Seva

Neben meiner Tätigkeit im Office hatte ich mich für das frühmorgendliche Veggie-Chopping als Seva entschieden. Um 4 Uhr morgens trafen wir uns auf dem Küchen-Gelände, warm eingepackt und mit Taschenlampe ausgerüstet. Gemeinsam mit Menschen aus ganz Europa begannen wir, Gemüse zu putzen und vorzubereiten. Trotz der frühen Stunde und der Herausforderungen – stumpfe Messer, tränenreiche Zwiebeln und kalte Dunkelheit – war die Stimmung gut. Bald schon kam heißer Chai aus der Küche, und wir lauschten der Musik, die die Yoginis und Yogis zum Sadhana weckte.

Die Bedeutung von Seva im Kundalini Yoga:

Selbstlosigkeit: Seva wird ohne Erwartungen an Gegenleistung oder Anerkennung ausgeführt. Es geht darum, anderen zu dienen und dabei den eigenen Vorteil in den Hintergrund zu stellen.

Spiritualität in Aktion: Seva ist eine Form gelebter Spiritualität. Indem du anderen dienst, bringst du deine spirituellen Werte in die Welt und drückst deine Verbindung zum Göttlichen aus.

Ego-Überwindung: Seva lehrt, das eigene Ego zu überwinden, indem du dich auf die Bedürfnisse anderer konzentrierst und persönliche Eitelkeit und Selbstbezogenheit loslässt.

Gemeinschaft: Seva stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert die Verbundenheit mit anderen Menschen. Es bietet die Möglichkeit, sich als Teil eines größeren Ganzen zu erfahren und zur Harmonie und zum Wohlergehen der Gemeinschaft beizutragen.

Erweiterung des Bewusstseins: Durch Seva lernst du, über das eigene Ich hinauszuschauen und Mitgefühl sowie Empathie für andere zu entwickeln.

Gemeinschaft erleben. Die Komfortzone verlassen. Frequenz erhöhen.

Das ist für mich das wahre „Leben wie Gott in Frankreich“.